Als
Sohn von Entwicklungshelfern verbrachte Ulrich Köhler
Teile seiner Kindheit in Afrika. Diese Erfahrung prägt sein Kino bis heute.
„Schlafkrankheit" erzählte von europäischer Überheblichkeit in Kamerun,
von den Grauzonen zwischen Hilfe und Herrschaft. Nun kehrt Köhler
nach Afrika zurück – nicht nur geografisch, sondern vor
allem analytisch: Ihn interessieren diesmal die wechselseitige Ausbeutung und
die feinen Machtspiele zwischen Begehren und Schuldgefühl.
In
Senegal finden Dreharbeiten einer französischen Regisseurin statt, die den
Medea-Mythos radikal umdeutet. Ihre Medea (Maren Eggert) wird von einem
afrikanischen Stamm versklavt. Thronfolger Jason (Jean-Christophe Folly), Vater
ihrer Kinder, verstößt sie. Gespielt werden die Rollen von Maja und Nourou, die
jenseits des Sets eine Affäre haben. Als der Film dann in Berlin Premiere
feiert, vertauschen sich ihre Rollen: Kunst und Leben beginnen ineinander
überzugehen, Machtpositionen verschieben sich.
Köhler
schaut genau auf diese Asymmetrien: wie Mythen gebändigt, kolonisiert werden –
und wie Gefühle zur Währung geraten. Privilegien erscheinen so nicht stabil,
sie verschieben sich je nach Kontext – und liberales Schuldgefühl kann, wenn es
zu viel will, Ausgeschlossene noch weiter entfremden. „Gavagai" ist eine
spielerische Topografie des Missverstehens: Begegnungen voller Rassismen und
Anschuldigungen, durchbrochen von komischen Zwischentönen.
Ein Film über das Rutschen der Bedeutungen – und vielleicht Köhlers
bislang mutigste Analyse der Gegenwart.

