Es
gibt viele Kino-Könige, aber nur wenige Kino-Kaiser. Seit Cannes zählt Jafar
Panahi zu Letzteren: Mit „Ein Einfacher Unfall" gewann er die Goldene
Palme – und ist nach Michelangelo Antonioni erst der zweite Regisseur, der auf
allen vier großen A-Festivals triumphierte. Für Panahi ist es Genugtuung und
Neubeginn zugleich: Nach Jahren von Verboten und Haft kehrt er zurück –
nicht mehr im Guerilla-Modus, sondern mit einem Thriller, der all seine Themen
bündelt.
Die
Geschichte beginnt unscheinbar: Eine Familie strandet mit dem Auto in einer
Werkstatt. Einer der Mechaniker, Vahid, gezeichnet von Gefängnis und Folter,
erkennt in einem der Kunden seinen früheren Peiniger wieder. Was folgt, ist ein
moralisches Kammerspiel von ungeheurer Wucht: Ist der Mann wirklich der
Richtige? Soll Vahid sich rächen? Mit Hilfe ehemaliger Häftlinge entführt er
den Mann – doch die Fragen bleiben: Macht Rache Sinn? Oder verwandelt sie Opfer
in Täter? „Ein Einfacher Unfall" ist ein
wütender Film über Trauma, Schuld und Vergebung, über den Kreislauf von Gewalt
– und zugleich Panahis persönlichstes Statement gegen das
iranische Regime. Kein improvisierter Realismus mehr, sondern ein sorgfältig
inszeniertes Werk, das zeigt, wie groß Panahis Stimme ist, wenn er sie frei
erheben darf. Ein Triumph – künstlerisch wie politisch.

