Im Jahre 2027 hat die Menschheit die Zeugungskraft verloren und eiert in einem letzten anarchistischen Aufbäumen dem eigenen Aussterben entgegen. Mittendrin: Theo (Clive Owen), einst idealistischer Kämpfer für eine bessere Welt, jetzt resignierter, angepasster Regierungsagent in einem mitleidslosen Wettlauf um die Macht auf den kriminellen Straßen. Sein neuer Auftrag ist anders als die anderen: Er soll die junge Kee (Claire-Hope Ashitey) beschützen. Auf Kee hat es die ganze Welt abgesehen. Denn Kee ist schwanger.
Alfonso Cuarón
Im Jahr 2027 sieht sich die Menschheit aufgrund eines Fruchtbarkeitsdefekts vom Aussterben bedroht: Gerade ist der jüngste Mensch auf dem Planeten im Alter von 18 Jahren gestorben, in London herrscht nackte Anarchie. Die Entdeckung einer einzelnen schwangeren Frau sorgt für Aufregung: Ein desillusionierter Regierungsagent erhält den Auftrag, die Frau sicher auf eine geschützte Insel im Meer zu bringen, damit Wissenschaftler die Menschheit retten können.
Im Jahr 2027 versinkt England im Chaos. Terroranschläge gehören längst zum Alltag, und während sich die schrumpfende Oberschicht in ihre Glitzer-Reservate zurückzieht, werden Immigranten in Käfigen am Straßenrand zusammengepfercht. In dieser Welt taumelt der desillusionierte Theo in ein Komplott einer Widerstandsgruppe, der seine Ex-Geliebte Julian angehört. Die Guerillas beschützen die junge Kee, die ein besonderes Geheimnis hat. Seit mehr als einem Jahrzehnt wurde kein Kind mehr geboren, und Kee ist schwanger.
Von der ersten Filmsequenz an werden die Zuschauer in eine beängstigend plausible und intensiv dargestellte negative Utopie hineingestoßen. Das apokalyptische Endzeit-Szenario einer Welt, in der die Menschen unfruchtbar geworden sind, die letzten Jugendlichen wie Popstars vergöttert werden und die Verzweiflung alles und jeden durchdringt, ist uns nicht etwa völlig fremd, sondern im Gegenteil erschreckend vertraut.Regisseur Alfonso Cuarón zeigt uns ein Jahr 2027, das wie eine zerfranste, chaotische Version unserer Gegenwart aussieht. Dafür bedient er sich aus dem historischen und aktuellen Bilderfundus, indem er London mal wie in den Zeiten der jüngsten Terroranschläge, mal wie während der Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg aussehen lässt. Die Aufnahmen in den Flüchtlingslagern und "Sammelstellen" erinnern an Bilder aus Foltergefängnissen im Irak sowie an Ghettos und Lager. Bilder und Sprache der Medien auf Fernsehschirmen, Zeitungsschlagzeilen und auf einem verwaschenen Sweatshirt ("London Olympia 2012"!) entsprechen bis in Details hinein dem Stand des frühen zweiten Jahrtausends.Auch durch die langen, meisterlich gesetzten Plansequenzen, in denen der Zuschauer sehr nah und unmittelbar an den Ort des Geschehens versetzt wird, wirkt diese Phantasiewelt sehr authentisch. Die Gewaltszenen wie auch die (in einer einzigen Einstellung gedrehte) Geburt entfalten so eine ganz eigene, extrem körperliche Stoßwirkung. Tricks wie die scheinbar auf die Kameralinse spritzenden Blutstropfen werden dabei geschickt und effektiv eingesetzt.Solch eine sterbende Welt hat eine Heilsgeschichte bitter nötig, und die erzählt der aufregend-spannende, intelligente Film mit vielen biblischen Andeutungen wie zum Beispiel der Schwangeren im Stall mit Kühen und Stroh, der Geburt unter den Ärmsten der Armen und der Flucht von Mutter und Kind in die Fremde. Dabei bleibt bis zum letzten Bild ungewiss, ob das Rettung versprechende "Human Project" (!) nur ein Mythos oder ob es real ist.Den Retter wider Willen spielt Clive Owen grandios als einen resignierten, hartgesottenen Antihelden in der Tradition von Bogart und Mitchum. Auch sonst ist der Film makellos besetzt und das Drehbuch voll von wunderbaren Randfiguren. Julianne Moore und Peter Mullan haben zwar kurze, dafür aber sehr intensive und pointiert gesetzte Auftritte, doch die Szenen mit Michael Caine zählen eindeutig zu den Höhepunkten des Films. Als ein komischer Heiliger verkörpert er den letzten guten Briten mit all deren Qualitäten wie stoischer Gelassenheit, Toleranz und Humor.Obwohl der Film in der zweiten Hälfte zunehmend brutal wird, weidet sich Cuarón nicht an den Gewaltszenen und setzt statt dessen mit einigen lyrischen Momenten dramaturgisch kluge Kontrapunkte. "Children of Men" ist zugleich ein kompromisslos gezeichnetes Menetekel und ein spannend inszenierter Science Fiction-Film.Düster aber nicht hoffnungslos, desillusioniert aber nicht zynisch - einer der bisher besten Filme des Jahres 2006.