Sie fluchen und sie küssen sich: Wohl niemals zuvor wurde das Alltagsleben junger Leute so ungeschönt und unmittelbar eingefangen wie in "Vesterbro". Dabei machten sich der Regisseur Michael Noer und seine beiden 20-jährigen Protagonisten aus dem Kopenhagener Stadtviertel Vesterbro die moderne Technik zu Nutze: Die Digitalkamera, mit der Julie und Martin sich auch in ihren privatesten Augenblicken gegenseitig filmten, war so klein, dass sie sogar unter der Bettdecke Platz fand. Das voyeuristische Vergnügen, das man am fröhlichen Exhibitionismus der zwei zunächst haben kann, weicht allerdings rasch einer echten Anteilnahme. Denn groß sind vor allem Julies Nöte beim Erwachsenwerden: Martin lässt sie oft allein und zieht mit Freunden umher; als Julie schwanger wird, lässt sie eine Abtreibung vornehmen, die nicht unkompliziert verläuft. Im Laufe der Zeit wird ihr die Kamera zu einem echten Vertrauten, der schließlich beiden hilft, wahre Gefühle zu zeigen, die sonst womöglich hinter jugendlicher Coolness oder Dickfelligkeit verborgen geblieben wären.